Über die Edition
Zur Entstehung der Edition
Das „Titelbild“ der hier vorliegenden digitalen Edition der Konstanzer Konzilschronik Ulrich Richentals, die um 1420 entstanden sein dürfte, ist der Ettenheimer Handschrift (BLB Karlruhe, Cod. Ettenheim-Münster 11) entnommen. Die Bildszene, die in den erhaltenen Textzeugen unterschiedlich dargestellt wird, war Ende der 1990er Jahre für mich der Ausgangspunkt zur Beschäftigung mit dem Chronisten. Mich interessierte die Frage, wie ein stürzender Papst bildlich dargestellt wird. Schnell stellte ich fest, dass es zur Beantwortung dieser Frage nicht ausreicht, nur einen Textzeugen zu konsultieren. Ich arbeitete mich deshalb sukzessive in die Überlieferung ein und stellte fest, dass die Chronik in ganz unterschiedlichen Versionen erhalten ist.
Das erste, vorläufige Ergebnis meiner Arbeit war die 2010 in den „Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen“ vorgelegte Edition, die zwar alle skriptographischen und typographischen Überlieferungen berücksichtigte, sich aber im Haupttext doch auf die wohl älteste erhaltene Überlieferung, die New Yorker Handschrift (ehemals Aulendorf), fokussierte. Auf diesem Codex fußte bereits die Textedition, die Michael Richard Buck 1882 in Tübingen herausgebracht hatte. Einen noch älteren Druck hatten zwar Anton Sorg 1483, Heinrich Steyner 1536 und Siegmund Feyerabend 1575 besorgt, aber es handelte sich dabei noch nicht um textkritische Ausgaben.
Eine Zäsur in der Editionsgeschichte stellte das Jahr 1964 dar. Im Rahmen des 550-Jahr-Jubiläums des Konzils wurde die erste moderne Textausgabe der Chronik aus der Hand Otto Fegers publiziert. Sie erschien in zwei Bänden und fußte auf der bislang noch unedierten Konstanzer Handschrift, die noch heute im Rosgartenmuseum der Konzilsstadt liegt. Damit lagen 1964 zwar die beiden Haupthandschriften im Druck vor, aber die dritte Chronikversion, die aufgrund ihrer Adaption im frühen Buchdruck und der Beteiligung des Konstanzer Chronisten Gebhard Dacher die rezeptions- und überlieferungsgeschichtlich vielleicht aufschlussreichste ist, war bislang editorisch unberücksichtigt geblieben.
Diesem Befund wollte zwar bereits die Ausgabe von 2010 dadurch abhelfen, dass sie die dritte, bislang wenig bekannte Chronikversion, die sich auf die ehemals St. Georgener Handschrift (BLB Karlsruhe, St. Georgen 63) zurückführt, zumindest im kritischen Apparat berücksichtigte, aber eine Eintextedition vermag einen fluiden und multiplen Text, der in mehreren Versionen existiert, nur ungenügend abzubilden. Das Ziel der vorliegenden digitalen Chronikedition, die von der DFG dankenswerterweise in einem eigenen Projekt gefördert worden ist, war es daher, den „offenen“ Text nach Möglichkeit so zu präsentieren, dass sein multipler Charakter zur Kenntnis genommen und der Text vergleichend gelesen werden kann.
Thomas Martin Buck
Zur digitalen Präsentation der Edition
Die digitale Präsentation der Richental-Chronik beruht auf den vom Herausgeber Thomas Martin Buck eingereichten Word-Dateien für Einleitungs- und Editionstexte. Sie wurden von den Mitarbeitern der MGH weiterverarbeitet (Bernd Posselt: XSLT, CSS; Clemens Radl: Python, JS) und in den TEI-XML-Standard (TEI P5) transformiert. Im Laufe dieser Verarbeitung wurden die Daten strukturiert und durch semantische Auszeichnungen sowie die Hinzufügung von Metadaten angereichert. Teilweise konnte dies automatisiert erfolgen, teilweise waren hierfür händische Eingriffe nötig. Für die Präsentation der Edition wurden die TEI-XML-Dateien in HTML-Dateien transformiert, die durch Stylesheets (CSS) und Skripte (JS) gestaltet und dynamisiert werden. Im Open Access werden die Daten und Skripte von den MGH zum Download bereitgestellt und zur weiteren Nutzung freigegeben.
Die digitale Edition ist zur Benutzung in den gängigen Browsern (Mozilla Firefox, Google Chrome) optimiert. Um die Textsynopsen der Edition angemessen betrachten zu können, ist die Verwendung eines größeren Anzeigemediums (ab 13" Bildschirmgröße) zu empfehlen. Eine Anpassung an mobile Endgeräte schien aufgrund des starren synoptischen Grundgerüstes nicht sinnvoll. Zur vollumfänglichen Nutzung der implementierten Funktionalität muss zudem die Ausführung von Skripten im Browser erlaubt sein.
Das Navigationsfeld (und im Editionsteil das Bedienfeld) sind in der linken Spalte zu finden. Im Einleitungsteil sind die Texte in der mittleren, die Fußnoten in der rechten Spalte platziert. Text und Fußnoten sind jeweils durch Links miteinander verbunden.
Die Kapitelzählung der Edition ist so gestaltet, dass Kapitel, die in den drei Versionen A, K und G auf die gleiche Weise bezeichnet werden, inhaltlich vergleichbar bzw. textlich miteinander verwandt sind. Die beiden Konkordanzen auf den Unterseiten "Kapitelkonkordanz" und "Kapitelsukzession" geben einen Überblick über die Kapitel und verlinken zur Edition. Die Kapitelkonkordanz zeigt in synoptischer Form das Vorhandensein einander entsprechender Kapitel, weshalb die Verlinkung mit der Edition alle verzeichneten Versionen an die jeweilige Stelle positioniert. Die Kapitelsukzession repräsentiert hingegen die teilweise unterschiedliche Kapitelfolge der verschiedenen Versionen, weshalb ihre Verlinkung mit der Edition nur zur unmittelbar angesteuerten Stelle führt.
Das Register, das Orte, Namen sowie Häuser des zeitgenössischen Konstanz verzeichnet, lässt sich sowohl als eigene Seite als auch innerhalb der Edition öffnen. Über einen Eingabeschlitz ist die Eingabe von Suchbegriffen möglich. Zur einfacheren Orientierung werden während der Eingabe Suchvorschläge gemacht. Registereinträge der Form "54,2" verweisen auf das Kapitel 54,2 in allen drei Versionen der Richental-Chronik. Ein oder zwei führende Buchstaben (z.B. "AK54,2") verweisen auf das entsprechende Kapitel in den jeweiligen Versionen (hier: A-Version und K-Version). Nachgestellte Klammerzusätze (z.B. "A54,2 (KA) bzw. (SK)") verweisen auf den kritischen Apparat bzw. den Sachkommentar des entsprechenden Kapitels.
Im Editionsteil sind die drei Versionen der Richental-Chronik in synoptischer Ansicht dargestellt, wobei innerhalb der drei Spalten jeweils der vollständige Text einer Version enthalten ist. Der Editionsteil ist über vielfältige Bedienungs- und Navigationsmöglichkeiten erschlossen. Aus dem Editionstext heraus sind Apparateinträge und Sachanmerkungen verlinkt. Sie werden beim Laden der Edition jeweils eingeblendet, können aber separat aus- und wieder eingeblendet werden. Über die Pfeiltasten können alle drei Spalten zugleich nach unten oder nach oben gescrollt werden.
Die Konkordanztabelle der Kapitel bildet die Grundlage weiterer dynamischer Navigationsmöglichkeiten. Über den Eingabeschlitz "Gehe zu" können (ebenfalls mit Vervollständigungsvorschlägen) Kapitelnummern eingegeben werden, wobei jeweils alle Spalten, die die entsprechenden Kapitel enthalten, an diese Stelle platziert werden. Bei gleicher Funktionsweise positioniert der Eingabeschlitz in der Kopfleiste der drei Spalten nur jeweils diese an die entsprechende Stelle. Alle Kapitelnummern sind ebenfalls mit Links unterlegt, mit denen alle drei Spalten jeweils auf die synoptische Ansicht der entsprechenden gleichnamigen Kapitel aktualisiert werden. Zahlreiche Kapitel der Versionen A und G zeigen in ihren Bezeichnungen (der Form "17a" und "17b", "97-99" oder "1,2, 41,2 und 87")) an, dass sie mit einem oder mehreren anderen Kapiteln verwandt sind, jedoch von diesen auch abweichen. Bei ihnen sind die entsprechenden Links innerhalb der gleichen Version bzw. zu den anderen Versionen ebenfalls gesetzt.
Die Volltextsuche im Editionstext kann über die Eingabe eines Suchbegriffs im gleichnamigen Feld gestartet werden. In der mit dem ersten Suchergebnis geöffneten Seite kann die erneute Suche auch auf einzelne Versionen der Richental-Chronik eingeschränkt werden. Die Suche mit Platzhaltern ("?" ersetzt einen einzelnen, "*" beliebig viele Buchstaben) ist ebenso möglich, wie die Suche nach Phrasen (in Anführungszeichen) oder nach Wortvorkommen innerhalb bestimmter Abstände ("Wort1 Wort2"~5). Übergeschriebene Buchstaben (e, o, u, v) können auch als nachgestellte Buchstaben eingegeben werden (zuo statt zuͦ).
Sowohl in den Seiten des Einleitungsbereiches als auch in der Edition ist jeder Textabschnitt und jede Fußnote mit einer Zitierempfehlung versehen, die über den Link-Knopf in einem Dialog-Fenster geöffnet werden kann. Für die Edition wird folgender Zitiertitel empfohlen:
Ulrich Richental, Die Chronik des Konzils von Konstanz, hg. von Thomas Martin Buck (MGH DE 1, 2019).
Bernd Posselt / Clemens Radl
Ulrich Richental, Die Chronik des Konzils von Konstanz, hg. von Thomas Martin Buck (MGH DE 1, 2019), Über die Edition.